15|05|22

Der letzte Schluck.

Die Erdkugel im Walzer, tamm-tata, tamm-tata um die Sonne, der Mond als Tanzpartner an ihrer Seite...
9|05|22

Versteck, [das]

Das sonnenbebrillte Gesicht, die Augen im Dunkeln, verstecken sich, verkriechen sich tief in die Höhlen, die Lippen ein waagerechter Strich der keine Ausschläge zeigt.
5|05|22

Unförmigsein, [das]

Der Körper, ein Berg mit Haut überzogen, ihre Füsse donnern auf den Boden. Unförmig, die Formen verloren, die Konturen verwischt, die Aussengrenzen lösen sich auf, die Masse fliesst aus ihrer Form und bleibt als breite Pfütze liegen.
4|05|22

Chaos, [das]

Die Träume klatschen einem wie ein Fliegenschwarm um die Ohren, sind es die Weltallfliegen? Die Erde bricht entzwei und ab sofort wird es zwei Planeten geben: Erde 1 und Erde 2
3|05|22

Müdigkeit, [die]

...wars der Sandmann? Ist sein Wohnsitz in der Wüste? Klar, wo kriegt er sonst all den Sand her?
1|05|22

Träume, [die].

Ein Paar unterwegs, sie hatten bei Fust eine Küchenwaage gekauft. Das neue Objekt in der Küche würde dem Kochen einen neuen Glanz verleihen, ein Gefühl der Schärfe, sie würde nun nur noch Gourmet-Rezepte kochen, jeden Tag, trotz der fünfzehn Kinder, die sie grosszuziehen hatte.
23|04|22

Schuhsohle, [die]

Die Füsse in klobigen Schuhen steckend, dunkelbraune Farbe, die Sohle dick wie das Stück Brot, das ihr der Grossvater abschnitt, der Schuh eng, ihre Zehengelenke waren steif geworden, bewegten sich kaum mehr als ein paar Klaviertasten, auf und ab....
22|04|22

Fassaden.

Die bunten Lichter waren dazu gedacht, die Menschen anzuziehen wie die Motten. Motten, die sich mit Alkohol zuschütteten, um dann wie halblebendige Fliegen dem Boden entlang surrend nach Hause zu torkeln.
26|03|22

Die Saite.

Ein letztes Mal zupfte er die Saite des Cellos, versetzte sie in heftigste Vibrationen, die durch den Raum wellten, bis die Saite riss. Dann sass er stockstill da.
28|04|21

Der Süssigkeitenladen.

Es war einfacher, einfach die Rollläden zuzuziehen und die enttäuschten Gesichter der Kinder vor dem Laden nicht sehen zu müssen.
26|04|21

Der Service im Jenseits.

Wir von der Kirche AG bieten Ihnen einen unvergleichlichen Service für Ihre Zeit nach dem Tod. Natürlich drücken wir fest die Daumen, dass Sie ins Himmelreich gelangen. Wenn Sie das geschafft haben, gibt es jedoch Services, die Ihren Aufenthalt auch dort NOCH angenehmer machen können...
25|04|21

Erdbeben im Weltall.

Die Sternebilder wurden durchgeschüttelt, der grosse Wagen verlor seinen Henkel, die Planeten sprangen aus ihrer Umlaufbahn, die Menschen auf der Erde schrien, als die ersten Meteoriten einschlugen. "Sereina!" Die Göttin nahm dem kleinen Mädchen die Schneekugel aus der Hand...
27|03|21

Grenzzäune.

Wir sitzen gemeinsam auf dem Liegestuhl, sie die Beine angewinkelt, ich lehne mit dem Rücken gegen ihre Waden. Da schiebt sie ihre Füsse unter meinen Po und bewegt sie. Ich weiss nicht, warum ich nicht weggehe. Warum ich es zulasse.
21|02|21

Dissoziation.

Stell dir vor, du kniest. Und irgendwann schmerzen deine Beine, aber du ignorierst den Schmerz. Und irgendwann werden deine Beine taub. Und dann spürst du gar nichts mehr. Und irgendwann vergisst du, dass du deine Beine nicht spürst.
13|09|20

Die Scheisse.

Sie sass auf der Bank. Der benachbarte Hundescheisse-Mülleimer verströmte seinen betörenden Duft jedes Mal, wenn der Wind durch ihr Haar fuhr und die Schatten tanzten.
18|08|20

Die Müdigkeit.

Ich bin so müde. Ich bette meinen Kopf auf gut drei dutzend winziger Schäfchen. Weitere regnet es auf mich herab, die blökend und mökend auf mein Gesicht fallen oder auf das Kopfkissen. Dann fangen sie an, in meinen Haaren zu grasen.
17|08|20

Die Schienen.

Schienen im Kopf, die geradeaus führen. Züge, die darauf entlang fahren und genau durch den Mund über die Zunge ins Freie stürzen. Schienen unter den Füssen, die einen nur auf den immergleichen Wegen gehen lassen, die Füsse an den Kufen festgeschnallt.
16|08|20

Die Menstruationstasse.

Routiniert greife ich zwischen die Beine, ertaste das Stück Plastik zwischen den Schamlippen und ziehe. Die Menstruationstasse klemmt hartnäckig an den Wänden in einem selbst erzeugten Vakuum.
15|08|20

Das Gesicht.

Ihr Gesicht war eingefroren. Das leichte Lächeln, das nie so wirklich echt wirken wollte, in Eis gegossen. "Was macht die Arbeit?", fragte ich sie. "Läuft es gut?" Ihre Augen starrten durch die dicke Eisschicht unverwandt geradeaus, direkt durch mich durch.
11|08|20

Das Tierchen.

Es war, als würde sie Pelz tragen – der direkt auf ihrer Haut wuchs. Es war, als würde sie sich an den Kiemen kratzen und mit den Pfoten über den Boden scharren.
8|08|20

Das Auto.

Sie sass da und drehte wie eine Verrückte den Schlüssel im Zündschloss und schrie vor Wut auf, als der Wagen nicht anspringen wollte...
3|08|20

Schuhe.

Lange hatten die neuen Lederschuhe die Fersen wundgescheuert und Hühneraugen auf dem kleinen Zeh hinterlassen. Doch eines Morgens wirkte es, als würden sie endlich einbrechen...
27|07|20

Das Kotzen.

Dein Körpergeruch geht bis tief hinein in meine Lungen. Ich will keinen Lungenzug von deinem Schweissgeruch. Ich will keinen Lungenzug von deinen Stinkefüssen. Lieber ersticke ich, als deinen Geruch in mich aufzunehmen.
21|07|20

Die Stille.

Die Menschen, die herumzappeln mit ihren Beinen wie Insekten, die man auf den Rücken gelegt hat Das Gezucke und Gezapple, ihre Blicke, die umherschweifen, ihre Glieder, die ganze Sätze und Wörter formen.
20|07|20

Die Welt.

Mir ist, als ob die Welt sich mir näherte so nah, dass ich sie makroskopisch genau sehe, mit all ihren Häärchen, Zellen, während ich ihren Atem wie einen Sturm im Gesicht fühle...
18|07|20

Die Suche.

Gut hundert Quadratmeter Fläche umspannte der Raum – die hohe Decke war mit Stuck verziert. Einmal hatten Adelige hier gewohnt. Nun war der Raum komplett gefüllt mit Heu. Über zwei Meter hoch war der Haufen und bedeckte jede Ecke des Raums. Nur an der Tür war eine Aussparung – dort, wo jemand mal die Tür aufgezwängt hatte, um zu sehen, was sich hier drin befand.
13|07|20

Dasselbe.

Als Susanne die knarrende Treppe hinunterstieg und sich wie üblich bemühte, möglichst lautlos durch den Flur zu huschen, um keinen Gesprächen ausgesetzt zu sein, stockte sie im ersten Stock. Sie sah auf ihre Füsse, die in rosafarbenen Schuhen steckten...